Gemeinsam –
haben wir Lust auf Heidelbeerpflücken.

Jedes Jahr nehme ich mir vor wieder mal „ in die Heidelbeeren“ zu gehen.
Wenn es dann so weit ist habe ich immer Ausreden – keine Zeit – keine Lust – es gibt zu wenige oder gar keine – wir sind im Urlaub – oder wir essen bei Mama Heidelbeerkuchen.

Doch dieses Jahr wird es anders. Komme bei einem Treffen von uns sieben Rommè-Frauen – alles waschechte Gieselerinnen – auf eine Idee.
Wer hat Lust mal wieder in die Heidelbeeren zu gehen – alleine hab ich keinen Bock----------

und siehe da, alle wollen mit, da Gudrun aus sicherer Quelle weiß, wo es welche gibt.

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Wir treffen uns mit kleinen Eimerchen und Einschenktöpfchen Montagabend um halb sieben.
Es war ein heißer Tag und fast alle hatten sich wegen der zu erwartenden Mückenplage vorsorglich schon mit Autan eingecremt.
Es geht ins "Rot".
Die Auto`s bleiben am Waldrand stehen und so müssen wir noch ein ganzes Stück laufen. Für Siegfried, der eigentlich auch schon fast zu uns Rommè-Frauen gehört und mit dem Fahrrad nachkommen will, um ein paar Bilder zu schießen,  haben wir Pfeilzeichen aus Ästen gelegt, damit er den Weg in den Wald findet.

Voller Tatendrang wird das Töpfchen umgebunden und es geht ans Werk.

Wo sind sie?

 Zuerst ganz vereinzelt – vielleicht drei bis vier Beeren pro Strauch.
Das ist zu wenig, denke ich.
Laufe und bücke mich immer wieder – und schon sind sie da, die Mücken und Bremsen. Stechen mich durch die dünne Hose mehrmals in Oberschenkel und Po.......bin mehr am jucken , als am Heidelbeersuchen.

Jeder sucht bald schweigend oder quatschend zu zweit nach der köstlich kleinen Frucht.

 

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Und das sind die Beeren wirklich – einfach zu klein – stellen wir alle fest.

 Es war zu trocken.

Wir träumen von richtig dicken Beeren, so dass man beim Pflücken auch was in der Hand hat und sich unsere Töpfe zusehends füllen.

Jetzt weiß ich es wieder was mir mein Unterbewusstsein jedes Jahr aufs neue flüstert:

Heidelbeeren suchen ist; anstrengend – bücken – blaue Finger – Kreuzschmerzen – Spinnennetze mit ekligen Spinnen und kleine grüne Krabbelkäfer, Zecken, Mückenplage und Stiche........!

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Langsam verstreut sich unser schnatternder Rommèclub in alle Himmelsrichtungen – wir sind konzentriert und pflücken.
Die Heidelbeeren werden jetzt mehr, aber leider nicht dicker.
Nur ganz vereinzelt erwischt man mal eine.


Es wird stiller – schließlich wollen wir ja morgen einen saftigen Beerkuchen backen und dazu brauchen wir ca. 2  ½ bis 3 Pfund Beeren.
Das schaffe ich schon, mache ich mir selber Mut.
Wie haben das die Menschen in früheren, hier in Giesel wirklich ärmlichen Zeiten gemacht, wo man sich mit „Beerpflücken“ noch einen Teil des täglichen Brotes dazuverdient hat und die begehrte schwarze Frucht zentnerweise aus dem Wald geschleppt hat, vom Preisvergleich zu heute gar nicht mal zu sprechen.

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Gott sei Dank – mein Einschenktöpfchen ist erstaunlicherweise auf einmal doch voll geworden.
Will mich geradestellen – geht nicht – mein Kreuz!
Wo sind die anderen. Sigi hat schon ausgeschüttet. „Was, so viel hast du schon!“ meint Maria. „Marga, du hast viel mehr als ich!“ vergleichen wir unsere Leistung, wie früher, als wir noch Kinder waren und in den Sommerferien tagelang mit unseren Müttern, Geschwistern und Freunden im Gieseler Wald verbrachten. Jeder wusste nun was aus Kindertagen zu berichten.

Schön war`s -  früher.

 

Wir erinnern uns, das wir uns wirklich bemüht haben möglichst viele, kleine Töpfchen zu füllen.
Das Verhängnis war nur, sobald man anfing von den leckeren Beeren zu essen, hatte man verloren. Dann landeten die meisten nur noch im Mund.
Abenteuerlich war immer, wenn wir Kinder dann auf einem Hochstand sitzend unsere „Frühstückspause“ machten. Wie köstlich schmeckte dort oben der selbstgemachte Himbeer- oder Holundersaft aus den damals noch Glas-Limoflaschen mit Klappverschluss oder das Butterbrot mit Ei.

Zur Verdauung wurde dann Räuber-und-Gendarm gespielt oder auf umgefallenen Baumstämmen balanciert.

Wir hatten nie Langeweile.

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Siegfried kommt mit dem Fahrrad und macht ein paar Fotos mit einer Digitalkamera von uns „Beerfrauen“. Schade, das wir von unseren Kindertagen keine Bilder aus dem „Gieseler Wald“ haben.

Aber schön war`s wieder mal in Erinnerungen zu schwelgen und schön ist es ---

jeder hat in der Zeit mindestens drei Pfund Beeren gesammelt. Das gibt morgen ein wunderbar, köstlicher „Schwoaze Baerkoche“ mit Zimtstreusel.

 

Wir beschließen: nächste Woche gehen wir noch mal, vielleicht sind die Beeren dann größer!

 

Die Rommè-Frauen aus Giesel


Juli 2002

 

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Text: Ludmilla Kirsch